Richter, Hexen und Henker in Burgdorf
06.10.2025 Burgdorf, Burgdorf, Kultur, GesellschaftWer in die Ferne reist, verschafft sich gerne einen Überblick über die Stadt, die er gerade besucht. Die Reisenden setzen sich in einen zweistöckigen Bus und erfahren via Kopfhörer, was wann, wo und warum geschah. Viel persönlicher machen es Stadtführer/innen in Burgdorf. Sie gehen mit Gästen und Einheimischen zu Fuss zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten.
Burgdorf ist eine aktive Stadt, die aus der Vergangenheit und der Gegenwart viel zu erzählen hat. Darum gibt’s neben den Altstadtführungen zusätzliche Führungen zu Themen wie Stadtbrand, Kleinvenedig Burgdorf oder der Bierkultur. Geeignet sind diese auch als Team- oder Vereinsausflug.
Richter, Hexen und Henker lehren das Gruseln
Für die Themen-Stadtführung «Richter, Hexen und Henker» am vergangenen Mittwochabend hatten sich über dreissig Personen angemeldet. Darum wurde in zwei Gruppen geführt. Unter den Besucher/innen war die Stadtführerin Marianne Burri gut auszumachen, denn sie trug Kleider in den Farben des Burgdorfer Wappens, schwarz-weiss-gelb.
Burri erzählte an verschiedenen Schauplätzen der oberen Altstadt düstere und unheimliche Geschichten, die sich hier ereignet hatten. Zahlreiche Menschen kamen damals unschuldig zu Tode. Viel Unschönes geschah vom Mittelalter bis zu den Hexenverbrennungen, die ihren Höhepunkt im 17. Jahrhundert fanden.
Die Führung begann am Kronenplatz beim Gerechtigkeitsbrunnen, auf dem die Justitia mit Waage und Schwert ihre Urteile fällt. Gleich daneben stand früher ein Pranger. An diesen Schandpfahl befestigte man im Mittelalter Verurteilte, die danach von unbescholtenen Bürgern/-innen verspottet und angespuckt werden durften.
Das Landgericht tagte im Rathaus, dort, wo heute das Hotel Stadthaus steht. Hier entschied der oberste Richter über Leben und Tod. Die Verurteilten, die vorher Folterungen über sich ergehen lassen mussten, gestanden meist, denn die Verhörmethoden brachen jede und jeden. Viele dieser Qualen wurden im runden Turm bei der Stadtkirche ausgeführt. Die Todessstrafe erfolgte durch Enthauptung, Verbrennung, Ertränken oder Erhängen. Ein weiteres Urteil, die Verbannung, bedeutete einen Ausschluss aus der Gesellschaft, denn, wer der Stadt verwiesen wurde, fand keine Arbeit mehr.
Wasenmeister und Scharfrichter walteten ihres Amtes
Nach der Verurteilung kamen die Täter zurück ins Verlies, bis der Scharfrichter aus Bern in die Stadt kam, um das Urteil zu vollstrecken. Der Wasenmeister arbeitete als sein Knecht. Er führte die verschiedenen Folterungen so aus, dass die vermeintlichen Täter/innen nicht starben. Zudem verscharrte er die Enthaupteten und ertränkte verurteilte Frauen. Er lebte ausserhalb der Stadt, auf der anderen Seite der Emme. Seines Berufes wegen wurde er geachtet, aber auch geächtet.
Der Pfarrer predigte nicht nur über Gott, sondern informierte auch über weltliche Dinge. Jedenfalls erfuhr die Bevölkerung in der Kirche, wann eine Enthauptung durchgeführt wurde. An besagtem Tag begleiteten der Scharfrichter und sein Gefolge die verurteilte Person vom Schloss über den Armsünderweg weiter bis zum Galgenhügel, dem heutigen Schönenbühli. Dort wurde der Verurteilte erhängt oder enthauptet. Die Bevölkerung der Stadt, die dem/der Verurteilten folgte und sich an der Tötung ergötzte, bekam danach ein Henkersessen.
Text und Bilder: Helen Käser
Öffentliche Altstadtführungen:
Samstags um 11 Uhr, von April bis Oktober, Start Schloss Burgdorf.
Themenführungen:
Von April bis Oktober, jeden ersten Mittwoch im Monat, um 18.30 Uhr.