Brücken bauen - zwischen Leben und Sterben

  29.10.2024 Aktuell, Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft

Die Betreuung, die Pflege und die Begleitung eines im Sterben liegenden Menschen betrifft nicht nur den medizinischen Aspekt. Es geht um Lebensqualität, Ethik, Würde und natürlich um Gefühle. Diese sogenannte Palliativpflege ist für Lucia Schenk, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Pflege und Therapie im Zentrum Schlossmatt, ein zentrales berufliches Thema. «Haben wir uns nicht alle schon einmal gefragt: Was wünsche ich mir in Bezug auf mein eigenes Sterben? Oder: Wie rede ich mit meinem schwerkranken Vater über seine Situation und seine Wünsche?» In ihrer Einleitung begründete Lucia Schenk den zahlreich erschienenen Besucherinnen und Besuchern, warum Gespräche rund ums Sterben wichtig sind und warum es auf Fragen zum Lebensende nicht immer abschliessende Antworten gibt.

Worüber spricht man?
In zwei Publikumsvorträgen wurden die Geschichten zweier völlig unterschiedlicher Personen in ihrem letzten Lebensabschnitt erläutert. Auf der einen Seite war da eine tödliche Krankheit, auf der anderen Seite ging es um selbstbestimmtes Gehen mit einer Sterbehilfe-Organisation. In beiden Fällen wurde deutlich, wie schwierig es für Angehörige und nahestehende Personen ist, den sterbenden Menschen in seinen letzten Stunden zu begleiten. Worüber spricht man? Über Löcher in den Socken…? Über schmutzige Fenster...? Im Wissen darum, dass der Tod jederzeit und völlig unerwartet eintreffen kann, sind wahrscheinlich viele mit der Endlichkeit des Lebens überfordert. Mit dem Anlass wollte das Zentrum Schlossmatt Region Burgdorf helfen, Brücken zu bauen und einen Weg von der Trauer zum Trost oder zwischen Leben und Sterben zu finden. Die bewegenden Geschichten wurden mit sanften Klängen und Gesang durch das Duo Peonia umrahmt.

Sterbehilfe im Spital und Altersheim?
Im Anschluss daran folgte eine Podiumsdiskussion mit Stefan Berger, Stadtpräsident von Burgdorf, Dr. med. Sibille Küpfer, Zentrumsärztin, und Helen Duhm, Spitalseelsorgerin. Soll die assistierte Sterbehilfe auch im Spital und Altersheim Platz finden? Dr. med. Sibille Küpfer informierte über Palliative Care, die im Gegensatz zu Sterbehilfe-Organisationen oft nur in Fachkreisen bekannt ist. (Die Definition sagt, dass Palliative Care die Betreuung und die Behandlung von Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen und/oder chronisch fortschreitenden Krankheiten umfasst). Sibille Küpfer erscheint es wichtig, dass die Menschen wissen, dass in der palliativen Pflege nicht mehr auszuhaltendes Leiden medikamentös gelindert werden darf. Dazu braucht es viel Aufklärungsarbeit bei den Angehörigen. In schweren Fällen dürfen in der Palliativ Care sedativ wirkende Medikamente angewendet werden.
Die Spitalseelsorgerin Helen Duhm rät, für eine sterbenskranke Person jegliche Veränderung wie beispielsweise einen Ortswechsel zu vermeiden. Das vertraute Spitalzimmer ist zum Sterben möglicherweise angenehmer als ein unbekannter Sterberaum.
Was sind die Risiken der sogenannten liberalisierten Sterbehilfe? (Wenn Menschen ohne schwere Krankheit aus dem Leben scheiden wollen). Alle Diskussions-Teilnehmenden äusserten erhebliche Bedenken im Zusammenhang mit der Legalisierung, insbesondere im Hinblick auf gefährdete Bevölkerungsgruppen.
Die Geschichten und Gespräche regten zum Nachdenken an und halfen, Ängs­te zu reduzieren. Sie zeigten verschiedene Perspektiven am Lebensende auf. Beim anschliessend offerierten Apéro konnten Erfahrungen ausgetauscht werden.


Petra Schmid


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