Das Hobby zum Beruf gemacht
05.02.2025 Sport, Burgdorf, GesellschaftSchon von Kindesbeinen an hatte Caroline Kohler einen Bezug zum Schlittschuhlaufen. Ihr Vater hatte einst mitgeholfen, die Rohre der legendären ehemaligen Kunsteisbahn (KEB) in der Buchmatt zu verlegen. «Von daher hatte ich immer eine spezielle Verbindung zur KEB», erzählt Caroline Kohler. Als Mädchen war sie oft auf der KEB und beobachtete mit staunenden Augen die Pirouetten und Sprünge der Eiskunstläuferinnen und -läufer. Doch die finanziellen Verhältnisse des alleinerziehenden Vaters liessen eine Vereinsmitgliedschaft oder Eiskunstlaufstunden nicht zu. «Also brachte ich mir vieles selber bei», blickt Caroline Kohler zurück. «Doch dabei eignete ich mir auch einige technische Fehler an, die ich später nur mühsam ausmerzen konnte», erinnert sie sich mit einem Schmunzeln. Die Fehler scheinen keine grossen gewesen zu sein, denn die Burgdorferin wurde im Alter von neun Jahren von einer Frau entdeckt. Sie machte bei Caroline Kohler ein Talent für das Eiskunstlaufen aus und begann, sie auch finanziell zu unterstützen. «Ich glaube, ich war eher ehrgeizig als talentiert», meint die heute 57-Jährige bescheiden. Ob Ehrgeiz oder Talent – wahrscheinlich war es schliesslich eine Mischung aus beidem, welche ihr den Eintritt in den Verein ermöglichten.
Eine Trainerinnen-Laufbahn war lange Zeit kein Thema
Nach dem Vereinseintritt betrieb Caroline Kohler bis zum Alter von 30 Jahren Eiskunstlauf. «Sich zur Musik bewegen, übers Eis gleiten sowie das schöne Röckchen machten wohl meine Faszination für den Sport aus», zieht sie Bilanz.
Als im Jahr 1990 das Synchronized Skating in die Schweiz kam, war sie Mitglied des ersten Burgdorfer Teams. Damit war sie Teil der Geburtsstunde einer bis heute andauernden Erfolgsgeschichte – die Cool Dreams gehören in verschiedenen Altersstufen zu den besten Schweizer Teams. Mit 25 Jahren gab Caroline Kohler ihr Wissen und ihre Expertise in verschiedenen Kursen weiter. «Dennoch war eine Laufbahn als Trainerin zu diesem Zeitpunkt kein Thema», so die gelernte Damenschneiderin.
Caroline Kohler gründete schliesslich eine Familie und ist Mutter einer Tochter und eines Sohns. Ihre Leidenschaft für das Eis legte sie den beiden in die Wiege. Die Tochter betrieb später ebenfalls Eiskunstlauf, der Sohn griff nach dem Hockeystock und spielte für den EHC Burgdorf. «Dadurch waren wir oft auf der alten KEB, die einen ganz speziellen Charme verfügte. Nebst der Tatsache, dass mein Vater beim Bau der KEB mitgeholfen hatte, hatte ich nun durch meine Kinder einen weiteren engen Bezug zur alten Kunsteisbahn», erzählt sie. Da auch die Kinder Zeit auf dem Eis verbrachten, hatte Caroline Kohler ebenfalls mehr Zeit, auf dem Eis zu stehen. «Zuerst bat mich eine Trainer-Kollegin, ihr mit den Mannschaftstrainings und mit den Privatstunden etwas auszuhelfen.» Wenig später bot sich ihr die Chance, selbst als Trainerin Mannschaften des Eislaufclubs (EC) Burgdorf zu übernehmen. Diese packte sie. Als dann vom Verein, auch aufgrund des Erhalts von Fördergeldern von Swiss Olympic, eine Berufstrainerin gesucht wurde, absolvierte sie in Magglingen die Ausbildung zur Trainerin Leistungssport Swiss Olympic EFZ. Danach erlangte sie auch die Berufstrainerlizenz des Verbandes Swiss Ice Skating und machte damit ihr jahrelanges Hobby zum Beruf. «Ich hatte grossen Respekt vor der Entscheidung, Berufstrainerin zu werden. Doch sowohl die Ausbildung als auch die zahlreichen darauffolgenden tollen Erlebnisse zeigten, dass ich damals die richtige Entscheidung getroffen hatte.»
Breiten- wie auch Leistungssport
Als Berufstrainerin trainiert Caroline Kohler Eiskunstläuferinnen und -läufer sowohl aus dem Breitensport wie auch aus dem Leistungssport. Sie deckt dabei nicht nur das Synchronized Skating, sondern auch das klassische Einzellaufen ab. Dabei schätzt sie die Abwechslung zwischen Mannschafts- und Einzelsport sowie zwischen Breiten- und Leistungssport gleichermassen. «Alle Varianten haben ihre Vorzüge. Beim Mannschaftssport stehen Team-Building und -Forming natürlich stärker im Fokus als bei Einzelläuferinnen und -läufern. Beim Breitensport wiederum herrscht weniger Druck als beim Leistungssport. Ich mag die Mischung aus allem», erläutert die 57-Jährige.
Betreffend Synchronized Skating und klassischem Einzel-Eiskunstlauf machte Caroline Kohler in den vergangenen Jahren eine Annäherung der beiden Disziplinen aus. «Vermehrt werden auch beim Synchronized Skating Pirouetten und Sprünge gefordert. Waren die Unterschiede früher noch deutlicher, ähneln sie sich nun immer mehr», so das Fazit der Eiskunstlauf-Trainerin, die Läuferinnen und Läufer zwischen fünf und 30 Jahren trainiert.
Zahlreiche Highlights
Ob im Breiten- oder Leistungssport, ob mit Teams oder Einzelläuferinnen und -läufern, Caroline Kohler durfte zahlreiche Erfolge und schöne Momente feiern. Unvergesslich sei jedoch die Junioren-Weltmeisterschaft im Synchronized Skating im Jahr 2010 im schwedischen Göteborg gewesen. «Mit den Cool Dreams erreichten wir dabei den starken elften Rang. Vor allem die Kür zum Song ‹Flashdance› sehe ich heute noch vor mir. Sie gehört wohl zu den besseren Programmen, die ich schrieb», schwelgt Caroline Kohler in Erinnerungen.
Doch die schönen Erlebnisse beschränken sich natürlich nicht nur auf die Vergangenheit. «Akutell trainiere ich beispielsweise eine talentierte zehnjährige Eiskunstläuferin, die in der U12-Kategorie startet. Ich begleite sie nun schon, seit sie vor fünf Jahren mit dem Sport angefangen hat. Ihre Entwicklung zu sehen, ist ein sehr schönes Gefühl.» Wo der Weg des jungen Talentes enden wird, sei ungewiss. Als Trainerin müsse man dies jedoch akzeptieren und sich bewusst sein, dass junge Athletinnen und Athleten kein Eigentum seien. «Daher mache ich mir keine grossen Gedanken, wo die Reise enden wird und geniesse das Hier und Jetzt.» Unabhängig, wie der Weg von Schülerinnen und Schülern weitergehe, über all die Jahre der Zusammenarbeit bleibe so oder so eine enge Verbindung zwischen Läuferin oder Läufer und ihr als Trainerin.
Aktuell für den SC Bern Eislauf tätig
Im Jahr 2010 wechselte Caroline Kohler vom EC Burgdorf zum SC Bern Eislauf. Seither steht sie während der Saison in der Regel an sieben Tagen in der Woche in der Berner PostFinance-Arena auf dem Eis und unterrichtet.
Anders, als es bei ihr selbst der Fall war, empfiehlt sie, möglichst in jungem Alter mit dem Eiskunstlauf anzufangen. «Idealerweise beginnt man im Alter von fünf oder sechs Jahren mit dem Sport.» Denn dem Vollziehen von Pirouetten und Sprüngen auf der glatten Unterlage gehen jahrelange Lernprozesse voraus. Dabei erlerne man Pirouetten und Sprünge Schritt für Schritt. «Bei unserer Sportart hat man nie ausgelernt. Es gibt keine Grenzen. Erlernt man einen Sprung bei einfacher Drehung, folgt die zweifache und dann die dreifache Drehung und so weiter», erzählt Caroline Kohler und ergänzt mit einem Augenzwinkern: «Umso besser für uns Trainerinnen und Trainer.»
Sich selbst beschreibt Caroline Kohler als sehr emotionale Trainerin. Im Vergleich zu früheren Zeiten sei sie zwar ruhiger geworden, doch abschalten könne sie die Emotionen nicht. «Als ich mit dem Sport begann, gab es teils noch sehr strenge Trainerinnen und Trainer. Ich empfand viele meiner früheren Trainerinnen als hart, aber fair. In meiner Trainerinnentätigkeit versuche ich einen Mittelweg zwischen Strenge und Lockerheit zu finden», führt die Burgdorferin aus. Ihre lange Berufstätigkeit verdeutlicht, dass ihr das gelingt. So hat sich Caroline Kohler mit ihrem Wechsel vom Hobby zum Beruf im wahrsten Sinne des Wortes erfolgreich aufs Glatteis gewagt. Joel Sollberger