Der Wandgarten – ein innovatives Gartenprojekt aus Koppigen

  09.09.2025 Koppigen, Natur, Koppigen, Aktuell, Gesellschaft

Als Doris Wermuth vor zwei Jahren nach Koppigen zog, stand im Garten ihrer neuen Wohnung eine stattliche Winterlinde. Der Baum machte der Hobbygärtnerin das Leben schwer: Seine Wurzeln entzogen den anderen Pflanzen Nährstoffe, die Krone nahm ihnen das Sonnenlicht und Doris Wermuth musste einen Pavillon über der Sitzecke aufbauen, um sich vor den herunterfallenden Blättern und «Fliegerli» zu schützen. Nach einem Jahr mühsamen Versuchens stand fest, dass eine neue Lösung hermusste.
Inspiriert von ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn, die sich schon länger mit alternativen Gartenformen befassen, entstand eine ungewöhnliche Idee: Ein Hochbeet aus alten Wasserflaschen. Da das Trinkwasser in Koppigen sehr kalkhaltig ist, hatte sich bei Doris Wermuth ein Vorrat an leeren Destillierwasserflaschen für den Luftbefeuchter angesammelt. Anstatt sie wegzuwerfen, entschied sie sich, diese für ein Upcycling-Projekt zu verwenden.

Ein Beet aus Flaschen
Die Umsetzung war simpel: In die Deckel der Flaschen bohrte Doris Wermuth kleine Löcher und stapelte jeweils fünf Flaschen kopfüber übereinander. Bei der obersten wurde der Boden entfernt, damit sie als Trichter dienen kann, in die anderen schnitt sie Öffnungen für Erde und Pflanzen. Die Kolonnen aus Flaschen schraubte sie an eine Rückwand aus gebrauchten Paletten, die sie wetterfest anstrich. Anschliessend füllte sie die Flaschen mit einem besonders wasserspeichernden Pflanzensubstrat.
Das Vorhaben funktionierte, auch dank  Unterstützung aus der Nachbarschaft: Um genügend Material zusammenzubekommen, richtete Doris Wermuth hinter dem Gartenzaun eine Sammelstelle für leere Flaschen ein.
Da die Pflanzen vor allem in die Höhe wachsen, kann das Beet auf dem sonnigen Gartenweg angebracht werden und steht nicht im Schatten der Linde.Heute wachsen in den Flaschen unter anderem Schnitt- und Blattsalate, Miniauberginen, verschiedene Basilikumsorten, Currykraut, Rosmarin und Fenchel. Durch die geschützte Umgebung in den Flaschen können Setzlinge früher ins Freie gesetzt werden und sind weniger anfällig für Wind- und Wettereinflüsse. Die Flaschen funktionieren wie Minigewächshäuser.

Vorteile auf kleinem Raum
Das System spart Wasser: Unter jeder Flaschenreihe fängt ein Kübel das überschüssige Giesswasser auf, sodass es erneut verwendet werden kann. An heis­sen Tagen kommt der gesamte Wandgarten mit weniger als 30 Litern aus. Auch aus ergonomischer Sicht bietet das System Vorteile: Mühsames Bücken entfällt und die Giesskanne muss für vier Pflanzen nur einmal angehoben werden. Unkraut wächst praktisch keines. Gleichzeitig hält die Konstruktion Schädlinge fern. Schnecken, Läuse oder Mäuse finden keinen Zugang zu den Pflanzen. Zudem lockt der Wandgarten Insekten an. Auf zwei Fenchelpflanzen haben sich sogar Rüebli-Raupen angesiedelt.

Blick nach vorn
Obwohl der Herbst naht, kann nach wie vor geerntet werden. Die Ernte fiel bis jetzt grosszügig aus. «Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Salat gegessen wie in diesem Jahr», erzählt Doris Wermuth lachend. Ob einige Pflanzen den Winter überstehen werden, bleibt offen. Fest steht jedoch: Doris Wermuth will ihre ungewöhnliche Gartenwand auch im nächsten Jahr weiterführen – und so ein zusätzliches Stück Natur in ihrem schattigen Garten geniessen.

Text und Bilder: Rosie Schenk


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