Orange Days in Burgdorf
10.12.2025 Burgdorf, Vereine, Kultur, BurgdorfAn den weltweit stattfindenden Orange Days ruft auch der Soroptimist Club Burgdorf zur aktiven Auseinandersetzung der Gesellschaft mit dem Thema Gewalt an Frauen und Mädchen auf. Die Orange Days dauern vom 25. Oktober, dem von der UNO bestimmten Tag gegen Gewalt an Frauen, bis zum 10. Dezember. Dies ist der Tag der Menschenrechte. Im Jahr 2018 trat die Schweiz der Istanbul-Konvention bei. Diese verlangt ein umfassendes und koordiniertes Vorgehen in der Gewaltprävention, im Gewaltschutz und in der Strafverfolgung. Im Klartext heisst das, dass Gewalt gegen Frauen vorgebeugt wird, die Opfer von Gewalt angemessenen Schutz und angemessene Unterstützung erhalten und dass Gewaltstraftäter zur Verantwortung gezogen werden.
Vergangene Woche trafen sich Mitglieder des Soroptimist Club Burgdorf und viele Gäste zu einem Benefizanlass im Museum Franz Gertsch.
In ihrer Begrüssungsrede stellte die Präsidentin der Soroptimisten Burgdorf Stacy Ciulik Soroptimist International vor. Sie ist weltweit die grösste Organisation berufstätiger Frauen. In 118 Ländern gehören ihr über 65 000 Mitglieder an. Der Club Burgdorf feiert dieses Jahr sein 60-jähriges Bestehen. Ziel der Soroptimisten ist es, als globale Stimme für die Frauen einzutreten und sich karitativ zu betätigen. Das Geld, das dieser Benefizanlass im Museum Franz Gertsch generierte, geht an die «Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern». Barbara Lüthi-Kohler stellte diese Organisation, die im Jahr 1980 gegründet wurde, vor. Die Stiftung unterstützt gezielt Einrichtungen für Frauen und Kinder, die von physischer, psychischer oder sexualisierter Gewalt betroffen sind. Sie fördert zudem Präventions- und Aufklärungsarbeit und betreibt Fachstellen wie Frauenhäuser und Beratungsstellen in Bern und Thun.
Altbundesrätin Simonetta Sommaruga sprach über «den gefährlichsten Ort für Frauen»
Die langjährige Bundesrätin führte das Justiz- und Polizeidepartement und später das Departement für Umwelt, Verkehr und Energie. Davor war sie Nationalrätin, Ständerätin und Konsumentenschützerin. Während ihrer politischen Karriere setzte Simonetta Sommaruga sich stets für die Gleichstellung von Mann und Frau ein. Dieses Thema habe sie als junge Musikstudentin politisiert. Tagsüber verbrachte sie Stunden am Klavier, nachts engagierte sie sich im Nachtdienst eines Frauenhauses. Während dieser Zeit wurde ihr schmerzhaft bewusst, was Gewalt bedeutet. Sie wollte die Gesellschaft über diese Probleme informieren und organisierte Podien zum Thema.
«Der gefährlichste Ort für Frauen» sei in dunklen Winkeln, in der Einsamkeit des Waldes, in einem Auto, in das sie ein fremder Mann locke. Die Gefahr für Gewalt gehe also von fremden Männern aus, so hatte sie es als Kind und Jugendliche gelernt. Umso schockierender sei die Tatsache, dass 80 Prozent der Frauen Gewalt in den eigenen vier Wänden erleben oder dort getötet werden. Im Jahr 2025 starb bis jetzt alle zwei Wochen eine Frau durch Mord – und das sei lediglich die Spitze des Eisbergs. Meist gehe diesem brutalen Ende eine lange Leidenszeit voraus.
Gewalt sei nicht nur die Ursache, sondern auch die Folge von Benachteiligung. Darum müsse die Gleichstellung das Ziel sein. Gleichstellung verhindert Gewalt, davon ist Sommaruga überzeugt. Die Löhne für Frauen hätten sich leicht verbessert. Doch noch heute betrage die Lohnschere zwischen Männern und Frauen bei einem Gehalt über 14 000 Franken pro Monat 14 Prozent. Bei Niedriglöhnen unter 4500 Franken beträgt sie immer noch 5 Prozent.
Nach dem Referat stellte Madeleine Steiger diverse Fragen, die Sommaruga offen und sachkundig beantwortete. Erst vor rund 50 Jahren bekamen die Schweizer Frauen das Stimmrecht. Es bestehe weiterhin Handlungsbedarf. Gleichzeitig habe das Land auch bedeutende Fortschritte erzielt. Als Beispiel nannte Sommaruga die «MeToo»-Bewegung, die wichtige gesellschaftliche Veränderungen angestossen habe. Kürzlich sei zudem eine vom Bund finanzierte Kampagne gegen häusliche Gewalt lanciert worden. Sie habe das Ziel, die Bevölkerung zu sensibilisieren.
Gewalt entstehe häufig schleichend, erklärte Sommaruga: Sie beginne mit Kontrolle, führe zur Isolation der betroffenen Frauen und münde schliesslich in körperliche oder psychische Übergriffe. Finanzielle und familiäre Abhängigkeiten begünstigten diese Entwicklung. Umso wichtiger sei es, als Gesellschaft hinzuschauen, zuzuhören, nachzufragen – und im Zweifel auch zu melden.
Durch Fragen und Hinweise aus dem Publikum kamen auch kulturelle Hintergründe zur Sprache. Gewalt- und Tötungsdelikte von Menschen aus patriarchalischen Strukturen seien häufiger. Das bestritt Sommaruga nicht, doch sie betonte, dass diese Tatsache aufzeige, warum die Integration dringend gefördert werden müsse. Menschen, die hier leben, müssen Sprache und Werte unseres Landes kennenlernen.
Zum Schluss appellierte Simonetta Sommaruga an die Männer, sich ebenfalls einzusetzen für die Gleichstellung, denn diese sei keine weibliche, sondern eine gesellschaftliche Angelegenheit. In einer Demokratie solle die Bevölkerung ihre politischen Rechte und Pflichten wahrnehmen und sich einsetzen, um Verbesserungen zu erwirken.
Text und Bilder: Helen Käser

