Schwerpunkt der Stadtratssitzung - die Jahresrechnung 2024
02.07.2025 Burgdorf, Politik, AktuellGemeinderätin Beatrice Kuster erklärte die Jahresrechnung und stellte sich gemeinsam mit Christoph Muralt, Leiter der Finanzdirektion, den Fragen des Stadtrats. Die Jahresrechnung wurde am 31. Dezember 2024 abgeschlossen und nach Genehmigung durch den Gemeinderat (GR), Überprüfung durch die Revisionsstelle und die Geschäftsprüfungskommission (GPK) nun dem Stadtrat vorgelegt.
Abweichungen vom Budget
Obwohl bei der Planung die vorherigen Abschlüsse berücksichtigt worden waren, wich die Jahresrechnung 2024 deutlich vom Budget ab. Verantwortlich dafür sind unvorhersehbare Faktoren: So waren die Steuereinnahmen bei juristischen und privaten Personen erfreulicherweise höher. Die Investitionen fielen zwar geringer aus als geplant, doch das hat nur indirekt durch die tieferen Abschreibungen Einfluss. Zudem zahlte die Localnet AG eine Substanzdividende von zehn Millionen Franken, welche mit dem Nettobetrag von drei Millionen Franken Einfluss auf die Rechnung hatte. Mehrkosten entstanden vor allem im Betriebsaufwand und durch die Schaffung neuer Stellen in verschiedenen Direktionen.
Schwerpunkte und Herausforderungen
Die Rechnung schliesst mit einem Ertragsüberschuss im Gesamthaushalt von 8,02 Millionen Franken ab, wobei der Gewinn im Allgemeinen Haushalt 8,58 Millionen Franken beträgt. Der Gemeinderat schlug vor, den Gewinn auf die Schwankungsreserve (-0,03 Millionen Franken), Spezialfinanzierungen (SF) Parkgebühren (0,57 Millionen Franken) sowie SF Schulanlagen und Verwaltungsgebäude (8,04 Millionen Franken) zu verteilen. Das sei sinnvoll, weil hohe Kosten für Gebäudesanierungen, Schulraumentwicklung und Klimaschutz anstehen. Verluste gab es bei den Spezialfinanzierungen Abfallentsorgung, Abwasserentsorgung und Feuerwehr. Der Gemeinderat strebt weiterhin ein ausgeglichenes operatives Ergebnis an, was in den letzten Jahren bereits leicht verbessert werden konnte.
Investitionen und Schuldenentwicklung
Die Nettoinvestitionen lagen bei rund 8,24 Millionen Franken, wobei 76 Prozent des Budgets umgesetzt wurden. Zu den wichtigsten Projekten zählen der Holzmodulbau Schlossmatt, das Regenrückhaltebecken Gyrischachen sowie die Anschaffung eines zweiten elektrischen Kehrichtfahrzeugs. Die Schulden stiegen 2024 von 108 auf 110 Millionen Franken, was den Schuldenstand pro Einwohner/in auf 452,09 Franken erhöht. Das Eigenkapital beläuft sich auf 100,38 Millionen Franken und setzt sich aus Spezialfinanzierungen, Rücklagen, Vorfinanzierungen, finanzpolitischen Reserven, Bilanzüberschuss und Neubewertungsreserven zusammen. Letztere sind nur Buchwerte und tragen zu einer positiven Jahresrechnung bei.
Die Revisionsstelle BDO machte einige Verbesserungsvorschläge, etwa zur Verrechnung der Abfallgrundgebühren und zur Auflösung verschiedener Fonds. Die Lohngleichheit für Stadtangestellte ist gewährleistet und wird 2025 erneut überprüft. Für das Beschaffungswesen habe man einen Leitfaden entwickelt. Darin gebe man der Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert.
Vertretende der Fraktionen dankten den Verantwortlichen für die übersichtliche Darstellung des Geschäftsberichts. Einige Fraktionsvertretende, darunter Jürg Kämpf (FDP), äusserten jedoch Kritik am hohen Defizit: Das strukturelle Ergebnis des Verwaltungsbetriebs weise ein Rekordminus von 13,2 Millionen Franken aus, trotz überraschend gestiegenen Steuereinnahmen von 5 Millionen Franken. Zudem sei der Personalaufwand durch neue Stellen um 1,65 Millionen Franken gestiegen und die Investitionen wurden nur zu etwa zwei Dritteln umgesetzt. Während Esther Liechti-Lanz (EVP) die Kritik an den Investitionen teilt, steht ihre Fraktion hinter der Jahresrechnung. Roger Aebi (Die Mitte) kritisierte das hohe Defizit und monierte, der Abschluss werde durch Neubewertungsreserven und Substanzdividenden beschönigt. Er forderte weitere Sparanstrengungen, um das operative Ergebnis zu verbessern und die Selbstfinanzierung zu stärken. Für die SP bedankte sich Gabriela Bannwart für den Bericht. Sie stehe hinter der Stadt, denn diese dürfe nicht nur betriebswirtschaftlich funktionieren. Sie habe einen öffentlichen Auftrag, der darin bestehe, die Grundversorgung zu sichern und in die Zukunft zu investieren. Für die EDU/SVP Fraktion äusserte Urs Wüthrich (EDU) Kritik an der Finanzplanung, die nicht nachhaltig sei. Er appellierte an die politischen Gremien, bei Entscheidungen stets auch die finanziellen Aspekte im Auge zu behalten. Ian Thompson (GLP) will den GR und die Direktionen in die Pflicht nehmen, haushälterischer mit dem Geld umzugehen, auch wenn die Mehreinnahmen verlockend seien.
Die Prüfung durch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) zeigte, dass die Unterlagen korrekt sind. Trotz einiger Kritikpunkte empfahl Yves Greisler, Präsident der GPK, die Annahme des Geschäftsberichts und der Jahresrechnung. Der Stadtrat genehmigte den Bericht schliesslich mit 25 Ja-Stimmen bei 11 Enthaltungen. Die Jahresrechnung weist einen Aufwandüberschuss von rund 567.902 Franken aus.
Abfall-Trennbehälter am Bahnhof Burgdorf
Die EVP-Fraktion hat den GR beauftragt, das Gebiet rund um den Bahnhof mit Abfall-Trennsystemen für Alu, Altpapier und Restmüll auszustatten. Eine klimafreundliche Stadt wie Burgdorf solle damit zeigen, dass sie Umweltthemen ernst nehme und entsprechend umsetze.
Die Baudirektion, welche den Busbahnhof unterhält, will nun auf dem Perron am Busbahnhof ein Abfall-Trennsystem aufstellen. Die Verantwortlichen bei der SBB-Infrastruktur wurden bereits kontaktiert. Eine Entscheidung seitens der Bahn ist jedoch noch ausstehend. Die bisherige Trennstation vor dem CS-Gebäude wurde bewusst entfernt, da sie hauptsächlich als PET-Entsorgungsstelle für Haushalte genutzt wurde und somit nicht mehr den gewünschten Zweck erfüllte.
Alle Fraktionen im Burgdorfer Stadtrat haben die Bedeutung der Abfalltrennung klar anerkannt und den Auftrag einstimmig angenommen. Damit setzt Burgdorf ein deutliches Zeichen für nachhaltiges Handeln und den Umweltschutz.
Verkehrssicherheit Fussverkehr Alpenstrasse
In Burgdorf steht die Verkehrssicherheit für Fussgängerinnen und Fussgänger an der Alpenstraße im Fokus. Um den Zugang für Sicherheits- und Entsorgungsfahrzeuge sicherzustellen, war eine Verschiebung der Parkplätze ab Mitte Juni geplant. Das soll auf Kosten des bestehenden Trottoirs erfolgen. Diese Massnahme führt dazu, dass Fussverkehr künftig auf die Fahrbahn ausweichen muss.
Um die Gefahren zu minimieren, wird die Einführung einer Tempo-20-Zone mit Vortritt für Fussgängerinnen und Fussgänger geprüft. Die Postulantin empfiehlt zudem, eine klare Signalisation für die sogenannte «gemischte Fahrbahnnutzung» zu schaffen, um die Verkehrsteilnehmenden entsprechend zu informieren. Der Quartierverein Gsteig wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass es sich bei den Massnahmen um ein Provisorium handle und die Gesamtsituation später abgeklärt werde. Die Fraktion sieht dringenden Handlungsbedarf.
Bereits im Vorfeld hatte die Stadtverwaltung sechs Varianten geprüft, um die Situation zu verbessern. Die gewählte Lösung soll in erster Linie die Zu- und Durchfahrt für Rettungs- und Entsorgungsfahrzeuge und den betrieblichen Unterhalt gewährleisten und die Sichtverhältnisse an Kreuzungen und privaten Zufahrten verbessern. Im Zuge der Verlegung der Fernwärme wird zudem an einem umfassenden Straßenraumkonzept gearbeitet.
Aufgrund negativer Rückmeldungen aus dem Quartier und eines dringlichen Postulats der SP-Fraktion vom 12. Mai 2025 wurde die Situation erneut überprüft. Dabei zeigte sich, dass bei einem durchschnittlichen Tagesverkehr von 99 Fahrzeugen die Nutzung eines Mischprinzips verantwortbar ist. Die Signalisation soll als Begegnungszone gestaltet werden, in der neben der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 20 km/h auch der Vortritt für Fussgänger geregelt ist. Fabian Käsermann (SP) bedankte sich für die speditive Lösungsfindung. Das Postulat wurde einstimmig angenommen und gleichzeitig abgeschrieben.
Künstliche Intelligenz in der Verwaltung
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in der Verwaltung bringe viele Vorteile, davon ist Die Mitte-Fraktion überzeugt. Dabei müssten rechtliche und ethische Aspekte wie Datenschutz und Transparenz gewährleistet werden. Darum gelangte Die Mitte mit einer Interpellation an den GR.
Der GR erkennt die Chancen, welche KI für eine effizientere Verwaltung eröffnet. Die Automatisierung wiederkehrender Aufgaben führt zu einer Effizienzsteigerung. Entscheidungsprozesse werden durch datenbasierte Analysen und fundierte und präzise Ergebnisse vereinfacht. Sogar die Interaktion mit Kundinnen und Kunden könnte teilweise an KI-Systeme delegiert werden.
Die KI birgt gewisse Risiken im Bereich des Datenschutzes und ist mit einer erhöhten Gefahr des Datenmissbrauchs verbunden. KI-Systeme sind anfällig für Fehler, wer jedoch für diese haftet, ist unklar. Nicht zuletzt gibt es ethische Herausforderungen, die im Umgang mit KI berücksichtigt werden müssen.
Eine sorgfältige Auswahl kann dazu beitragen, spätere Risiken zu minimieren und eine verantwortungsvolle Nutzung der KI sicherzustellen. Aktuell prüfe die Verwaltung verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Ziel sei eine Effizienzsteigerung unter Berücksichtigung der geltenden Datenschutzvorgaben.
Auf die Frage, welches Know-how die Stadtverwaltung diesbezüglich habe, antwortete der GR: «In der Stadtverwaltung wurde erkannt, dass die Nutzung von KI in Zukunft ein sehr wichtiger Aspekt der digitalisierten Arbeit sein wird. Einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben bereits an Schulungen teilgenommen, um in die Thematik der Arbeit mit KI eingeführt zu werden.»
Die Mitte-Fraktion bedankte sich für die ausführliche Beantwortung und sieht darin ein Zeichen dafür, dass die Stadt Verantwortung übernimmt und die Digitalisierung verantwortungsvoll gestaltet.
Kein kostenloser Eintritt ins Freibad Burgdorf
Die SP-Fraktion richtete verschiedene Fragen an den GR, die einen kostenlosen Eintritt ins Freibad betreffen. Als Vorbild wurden dabei die Bäder in Bern genannt, die bereits allen Besucherinnen und Besuchern kostenlosen Eintritt gewähren.
Der GR beantwortete alle Fragen zur Zufriedenheit der Fraktion: Die Preise wurden seit über 15 Jahren nicht erhöht und sind vergleichbar mit denen umliegender Freibäder. Zudem werden Vergünstigungen für bestimmte Gruppen wie städtische Angestellte, Lernende und Rentnerinnen und Rentner sowie Preisermäßigungen bei Einzeleintritten gewährt. Aktuell decken die Eintrittsgelder etwa einen Drittel des Betriebs- und Unterhaltsaufwands des Bades.
Ein kostenloser Eintritt für sozialhilfebeziehende Personen wäre mit dem Vorweisen der KulturLegi möglich und pragmatisch umsetzbar. Die KulturLegi – in Burgdorf wurde sie im vergangenen Jahr 241 Mal abgegeben – ermöglicht es Menschen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen, Angebote aus Kultur, Bildung und Sport zu stark ermässigten Preisen zu nutzen.
Neue Gesichter in der Bau- und Planungskommission, im Stadtrat und im Stadtratsbüro 2025
Für die Bau- und Planungskommission wurden gleich zwei neue Mitglieder gewählt. Auf Dieter Balmer folgt Tobias Vogel (Grüne) und auf Beryll Veraguth Johannes Zbinden (EVP). Beide wurden einstimmig gewählt.
Ebenfalls demissioniert hat Stadträtin Carmen Baumeler-Stoll. Marcel Suter (Die Mitte) rückt in den Stadtrat nach und übernimmt nach einstimmiger Wahl auch die Funktion des Stimmenzählers im Stadtratsbüro.
Der Stadtratspräsident Philipp Schärf wünschte den Politiker/innen und den Gästen einen schönen Sommer und verwies auf den Stadtlauf Burgdorf, der nach der Sommerpause am 6. September 2025 stattfindet.
Text und Bilder: Helen Käser