Zolltarife einst und heute

  03.09.2025 Aktuell, Gesellschaft, Aktuell

Der medial spektakulär inszenierte Auftritt des US-Präsidenten Donald Trump vom 3. April 2025, als er im Rosengarten des Weissen Hauses seine Zollmassnahmen «für Länder in der ganzen Welt» ankündigte, ist hinlänglich bekannt. Wie war es aber im Jahr 1791, als die Zolltarife für die «Emmenthalischen Brugg-Zölle von Lützelflüh» angepasst wurden?
Ein geflügeltes Wort besagt, dass sich die Geschichte zweimal wiederhole. Das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce. Ein Vergleich der jüngsten Importzollanpassungen des US-Präsidenten Donald Trump mit dem Vorgehen der bernischen Obrigkeit im Jahr 1791 zeigt doch einige interessante Aspekte. Während Trump seine drastischen und – insbesondere für uns Schweizer/innen – willkürlichen Zolltarife medial höchst wirksam im Rosengarten des Weissen Hauses ankündigte, tönte die Ankündigung im Jahr 1791 der bernischen Obrigkeit gegenüber den Zollbehörden von Lützelflüh für damalige Verhältnisse nicht weniger befehlend und fordernd: «Wir Schultheiss, Klein und Grosse Räthe der Stadt und Republik Bern, entbieten allen Unseren lieben und getreuen Angehörigen Unsern gnädigen und geneigten Willen und geben ihnen dabey zu vernehmen, dass die von unserer bestellten deutschen Zollkammer an Uns gelangte Vorstellung über die Nothwendigkeit einer Verbesserung und Erneuerung der Tarifen für Unsere Emmenthalischen Zollstädte von Lützelflüh, Wir nöthig befunden, selbige aufs neue untersuchen und zu Beförderung der inländischen Handlung auf die gegenwärtigen Zustände richten zu lassen. Zu welchem End Wir die ehevorigen Tariffe aufheben und an derselben Statt den hienach folgenden Tariff zur allgemeinen Vorschrift ertheilen.»

99 Zollstationen
Nicht nur in unserer Zeit, sondern auch zur Zeit des alten Berns wurden Zölle immer als Handelshemmnisse empfunden. Im Kanton Bern zählte man zu dieser Zeit 99 Zollstationen mit zum Teil unterschiedlichen, willkürlichen Zolltarifen. Im Geldwesen herrschte ein eigentliches Chaos, zirkulierten doch in der damaligen Eidgenossenschaft 70 gültige Geldsorten. Diese Zustände riefen nach einer dringenden Revision. Ein erster Schritt geschah allerdings erst im Jahr 1844, als die Zölle allgemein an die Kantonsgrenze gelegt wurden. Die endgültige Regelung kam aber erst mit der Gründung des Bundesstaates im Jahr 1848. Zoll-, Münzwesen, Masse und Gewichte wur­den nun zur Bundessache. Das erste Zollgesetz der Schweiz trat nach dem Motto «Gut Ding braucht Weile» erst 1850 in Kraft. Die Binnen­zölle wurden aufgehoben und der Zoll fortan an der Landesgrenze erhoben.
Nun verkündete der US-Präsident Donald Trump nach seinen neuen, weitreichenden Zollmassnahmen «für Länder in der ganzen Welt» die Tarife ganz speziell für die Schweiz ausgerechnet am 1. August, mit dem weltweit fast höchsten Ansatz von 39 Prozent! Sonderfall Schweiz: Tragödie und Farce zugleich!

Amseln und dergleichen Vögel
Während sich in den letzten Tagen und Wochen der Bundesrat sowie führende Kräfte aus Wirtschaft und Diplomatie für «mildernde» Massnahmen für die Schweiz und die export­orientierten Unternehmen bemühen, lohnt es sich durchaus, einen Blick in die obrigkeitlich verfügten Zolltarife von 1791 zu werfen. Weit über 500 zum Teil bis ins Detail formulierte Bestimmungen und Zollansätze sind da aufgelistet.In Anbetracht, dass auf dem Lande damals nur die wenigsten Leute des Lesens und Schreibens kundig waren, stellt sich die Frage, wie seriös diese Verfügung umgesetzt werden konnte.
Für das erste deklarierte Zollgut auf der Liste, «Asche» für die Bleicher und Färber, und damit für die Bleicherei in Lützelflüh nicht ganz unwesentlich, lautete die Deklaration noch «zollfrey».
Ganz anders war es für «Amseln, Dauben und dergleichen Vögel», für die im Dutzend immerhin ½ Kreuzer zu entrichten waren. Fussgänger wurden übrigens dem Federvieh tarifmässig gleichgestellt. Sie mussten, so oft sie passierten, auch ½ Kreuzer bezahlen. Da damals das Gerbereigewerbe mit Fell- und Lederwaren weit verbreitet war, beanspruchten entsprechende Rohstoffe eine äusserst detaillierte Auflistung. Da wurde nach «rohen Fellen von Kälbern, Schafen, Böken, Geissen, Gizen, Rinds-, Küh- und Pferdehäuten» unterschieden, «die ins Land kommen, oder darinnen von einem Ort zum anderen gehen». Für Ausfuhren aus dem Land brauchte es zudem noch eine obrigkeitliche Bewilligung.
Breiten Raum nahmen auch Genuss- und Suchtmittel ein. Da verdiente die Obrigkeit recht gutes Geld für «Caffe, Branntwein und Kirschenwasser, Essig, Thee, Wein vom Laccote und Landwein, Tobak und Zucker». Hanf wurde übrigens in roher Form oder als «Kuder» verzollt und der Hanfsamen «nur von dem so ins Land kommt, und von einem Ort zum andern geführt wird».
Angaben betreffend Jugendschutz zur Abgabe von alkoholischen Getränken sowie von Suchtmitteln sind in der Zollverordung von 1791 übrigens noch keine aufgeführt.

Text und Bilder: Fritz von Gunten


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