Zurück zu den Wurzeln: weniger ist mehr

  14.05.2024 Burgdorf, Aktuell, Foto, Wirtschaft, Region

Präsident Philipp Wyss begrüsste vor der Eröffnung der 145. Hauptversammlung im «Bären» Ersigen die rund 130 Anwesenden, darunter auch den Burgdorfer Grossratspräsidenten Francesco Rappa, Ernst Kühni aus Ramsei, Präsident KMU Bern, sowie etwas später Burgdorfs Stadtpräsidenten Stefan Berger. Rappa überbrachte eine Grussbotschaft des Berner Grossen Rates und erläuterte die Aufgaben eines Grossratspräsidenten, die er noch bis zur Wahl seiner Nachfolgerin im Juni dieses Jahres ausüben wird.
Vorgängig hatten die KMU-Mitglieder die Firma Rondo AG in Burgdorf besichtigt, die im Jahr 1948 gegründet wurde  und sich auf die Herstellung von Backwaren-Maschinen spezialisiert hat.

Ergebnis des Berner KMU-Barometers
Dann begrüsste Philipp Wyss den Gastreferenten des Abends: Ernst Kühni, der neben seinem Amt als Präsident des kantonalen Gewerbeverbandes Berner KMU auch Vorstandsmitglied des Handels- und Industrievereins des Kantons Bern, Sektion Emmental, und Verwaltungsratspräsident der Kühni AG, Ramsei (Generalunternehmung, Holzbau, Parkett und Schreinerei), ist. Ernst Kühni erläuterte in seinem Referat ausführlich die praktisch für alle Anwesenden geltenden Probleme der KMU: Laut einer repräsentativen Umfrage bei über 1000 Unternehmen haben diese die grössten Sorgen wegen des Fachkräftemangels, der stets zunehmenden finanziellen Belastungen auf kantonaler und nationaler Ebene und der Energiekrise.
Gemäss Ernst Kühni scheint die Energiekrise infolge des milden Winters dieses Jahr überwunden, doch müssten die Strompreise wieder sinken. «Daher hoffe ich auf ein Ja zum Stromgesetz am 22. Juni 2024.»

Bindeglied zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
Ernst Kühni erinnerte die Anwesenden daran, dass KMU Bern mit über 21 000 Mitgliedern, 44 Berufs- und Branchenverbänden und 114 lokalen Gewerbevereinen der grösste Gewerbeverband der Schweiz ist: «Wir sind das Bindeglied zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.»
Als grösste Sorge zeichnet sich bei den Unternehmen der Fachkräftemangel ab, der alle noch jahrelang beschäftigen wird. Der demografische Wandel der Gesellschaft birgt bedeutende Risiken, da in den nächsten zehn Jahren über eine Million Arbeitnehmende – die Babyboomer – pensioniert werden. Ihnen nachfolgen werden weniger als 500 000 neue Arbeitskräfte. Von diesen wollen viele nicht mehr 100 Prozent arbeiten. Ernst Kühni nennt das «eine totale Fehlentwicklung» und er fragt sich, wer denn die 13. AHV-Rente bezahlen will.
Für ihn als Unternehmer steht die Ausbildung an erster Stelle: «Unser duales Bildungssystem ist das beste der Welt.» Es gelte, den Jugendlichen nach Schulende eine Lehrstelle anzubieten – und zwar nicht nur den Klassenbesten mit Sechser-Abschlüssen. Alle sollten eine Chance erhalten. «Manche benötigen einfach mehr Zeit und die müssen wir uns nehmen. Diese Jungen werden nach der Lehre erfahrungsgemäss nicht sofort einen neuen Job suchen, sondern ganz loyale und treue Mitarbeitende bleiben. Sie wissen, dass sie nach ihren Fähigkeiten und Wünschen eingesetzt werden.» Es sei Aufgabe der Chefs, die Fähigkeiten jedes Einzelnen herauszufinden und alle entsprechend einzusetzen. «Hier liegt ein riesengrosses Potenzial; wir müssen nur den Mut haben, es anzupacken.»

Weiterbildung für alle
Daneben sollte die Weiterbildung für alle Mitarbeitenden im Unternehmen unterstützt werden. «Über 50 Prozent unserer mehr als 170 Angestellten haben bei uns ihre Ausbildung oder eine Weiterbildung gemacht. Ohne Ausbildung im eigenen Betrieb könnten wir niemals so viele Arbeitskräfte beschäftigen», ist Ernst Kühni sicher.
Er plädierte für flexible Anstellungsbedingungen wie Teilzeitarbeit oder Homeoffice und schränkte schmunzelnd ein: «Das geht natürlich nicht bei der Arbeit mit Baggern oder Hobelmaschinen.» Daneben müsse ein Chef bei der Belegschaft gut hinhören und spüren, was diese gern macht und was sie sich wünscht. «Unter Umständen müssen wir uns noch stärker auf Aufträge spezialisieren, für die wir die Fachkräfte haben. Entsprechend dem Motto ‹Schuster bleib bei deinen Leisten›.» Nicht immer sei vergrössern und expandieren der richtige Weg: «Vielleicht steuern wir auf eine Zeit zu, in der weniger eben mehr ist.» Ernst Kühni erhielt lang anhaltenden Applaus für seine Ausführungen.

Einstimmig genehmigt
KMU-Präsident Philipp Wyss wickelte die 145. Hauptversammlung in kurzer Zeit ab. Sämtliche Traktanden wurden ohne Enthaltung einstimmig genehmigt, so das Protokoll 2023, der Jahresbericht des Präsidenten und die Jahresrechnung 2023. Diese schliesst mit einen Verlust von 3875 Franken ab, die Bilanz weist ein Eigenkapital von 46 720 Franken (knapp 3900 Franken weniger als im Vorjahr) aus und die Abrechnung zur Burgdorfer Gewerbeausstellung (BUGA) schliesst bei einem Ertrag von 368 067 mit einem Gewinn von 45 808 Franken ab. Philipp Wyss dankte der Stadt Burgdorf ausdrücklich für deren Beitrag von 20 000 Franken. Der Vorstand wurde einstimmig entlastet.
Philipp Wyss verabschiedete daraufhin Christina Güdel, Vertreterin und Beisitzerin aus Oberburg, und Sekretär Ilija Penon unter Verdankung ihrer erfolgreichen Arbeit. Beide erhielten einen grossen Geschenkkorb. Neu in den Vorstand wählte die Versammlung Selina Bolzli (Bolzli Transport AG, Oberburg) und Raphael O. Fankhauser (Bürgi & Partner, Burgdorf).
Der bekannte Comedian Joël von Mutzenbecher unterhielt die Anwesenden, bevor sich diese dann dem gemeinsamen Nachtessen und angeregten Gesprächen widmeten.

Gerti Binz

 


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