Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung und Testament

  06.11.2017 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft

Gemeinsam hatten die Bernische Krebsliga, die Rheumaliga Bern und healthyemmental diesen Vortrags­abend im Restaurant Schützenhaus organisiert. Während fast zwei Stunden sprachen verschiedene Referenten und eine Referentin zum Thema Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung und Nachlassregelung. Obwohl es vielen Menschen schwerfällt, über Krankheit und Tod zu sprechen, stellte sich eine überraschend grosse Zuhörerschaft dieser Thematik.
Fürsprecher und Notar Franz Stämpfli aus Bern sprach zuerst über das Ehe- und Erbrecht, welches die Güterstände der ehelichen Gemeinschaft regelt. Da die drei möglichen Güterstände bereits Auswirkungen auf die Nachlassregelung haben, wurde ein Ehevertrag empfohlen. Eheverträge, die vor der Revision des Erbrechts erstellt wurden, behalten ihre Gültigkeit, was sich für Frauen negativ auswirken könnte. Eine Beratung sei von Vorteil, weil die gesetzlichen Richtlinien nicht zu umgehen seien. Konkubinatspaare sollten wissen, dass sie in Gütertrennung leben, ausser, sie regeln ihre Besitzverhältnisse in einem Konkubinatsvertrag.
Stämpfli sprach danach über die gesetzliche Erbfolge und erläuterte anhand verschiedener Beispiele, wer wie viel erbe. Ehepartner/innen und Kinder unterliegen einem Pflichtteilschutz, was bedeutet, dass sie nicht enterbt werden können. Die Möglichkeit besteht jedoch, diese Erben auf einen gesetzlich definierten minimalen Pflichtteil zu setzen.

Die Bedeutung einer Patientenverfügung
Dr. med. Markus Steiner, Facharzt für Innere Medizin FMH und Psychosomatische und Psychosoziale Medizin, erklärte die Bedeutung einer Patientenverfügung. «Eine urteilsfähige Person bestimmt darin, welche medizinischen Massnahmen im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit ausgeführt oder unterlassen werden sollen», so lautete seine Definition. Dieser Patientenwille werde respektiert, wenn er schriftlich verfasst und eigenhändig unterschrieben worden sei. Bei Menschen mit einer Krankheitsdiagnose könne ein Beratungsgespräch mit dem Hausarzt oder anderen Fachpersonen helfen, medizinische Massnahmen besser zu verstehen und Entscheidungen einfacher zu treffen.

Der Vorsorgeauftrag
Daniela Clément sprach als Behördenmitglied der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Seeland über den Vorsorgeauftrag (VA). «Eigentlich ist ein VA dasselbe wie eine Patientenverfügung, jedoch für andere Lebensbereiche», meinte sie einleitend. Ein VA enthalte Angaben über die Finanzen, den Zahlungsverkehr, die Verwaltung und Bewirtschaftung von Einkommen und Vermögen, die Rechtsvertretung und die Personensorge, welcher auch medizinische Massnahmen oder Entscheidungen, wo man gepflegt werden möchte, beinhalten kann. Er könne konkret und mit vielen Auflagen, Regeln und Bedingungen, die dem Verfasser wichtig seien, gestaltet werden.
Clément erklärte die gesetzlichen Grundlagen, die seit 2013 bestehen. Ein urteilsfähiger Mensch entscheide, wer seine Interessen wahrnehmen solle, wenn er die Urteilsfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall verliere. Das Gesetz erlaube einem Ehepartner, diese Pflichten zu übernehmen. Bei Alleinstehenden werde von der KESB eine Beistandschaft eingerichtet, ausser, der Patient habe vorher einen VA handschriftlich verfasst oder von einem Notar beglaubigen lassen. Die Form dieses Papiers sei äusserst wichtig. Die Aufgabenbereiche müssen genau umschrieben werden mit der Ergänzung, dass dieser Auftrag bei einer länger andauernden Urteilsunfähigkeit in Kraft trete. Die beauftragte Person soll genau definiert werden und auch die Daten des Verfassers dürfen nicht fehlen. Wenn im VA kein Honorar für die anfallenden Arbeiten vermerkt ist, wird dieses später von der KESB festgelegt.
Bei all diesen Papieren ist eine sichere Aufbewahrung wichtig. Sie können bei einem Notar oder auf dem Gemeinde­büro / Zivilstandsamt hinterlegt oder zu Hause gelagert werden. Zu Hause besteht jedoch die Ungewissheit, ob sie im aktuellen Fall – bei Krankheit, Unfall, Tod – gefunden werden. Ein Testament, eine Patientenverfügung und ein Vorsorgeauftrag können jederzeit widerrufen oder neu geschrieben werden.
Die Veranstalter freuten sich über das rege Interesse. Nach dem Vortrag beantworteten die Referenten und die Referentin persönliche Fragen der Anwesenden.
Helen Käser


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