«Vom Projekt ‹Emmentalwärts› profitiert die gesamte Region»

  07.05.2019 Burgdorf, Foto, Oberburg, Wirtschaft, Hasle bei Burgdorf, Region

Die Verkehrssituation im Raum Burgdorf und im unteren Emmental ist seit Langem unbefriedigend. Burgdorf, Oberburg und Hasle b. B. leiden unter einem massiven Verkehrsaufkommen von täglich bis zu 20 000 Fahrzeugen. Gemäss kantonalen Verkehrsprognosen wird sich die Lage bis 2040 weiter verschärfen. Mit dem Bau von zwei Umfahrungen und einem Bündel von Massnahmen auf dem bestehenden Strassennetz will der Kanton das Problem langfristig lösen. Regierungspräsident Christoph Neuhaus, Vorsteher der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion, und Roger Schibler, Kreisober­ingenieur Oberaargau / Emmental, stellten das Projekt «Emmentalwärts» in der vergangenen Woche an einer Medienkonferenz vor. Die Gesamtkos­ten belaufen sich auf 418 Millionen Franken mit möglichen Abweichungen von +/- 10 Prozent. Der Entwurf des Bauprojekts liegt bis am 31. Mai 2019 zur Mitwirkung auf. Erste Reaktio­nen von Stefan Berger, Stadtpräsident Burgdorf, Walter Scheidegger, Gemeindepräsident Hasle b. Burgdorf, und Rita Sampogna, Gemeinderatspräsidentin Oberburg, zeigen, dass der Vorschlag des Kantons in der Region positive Resonanz findet.

«Die Lebens- und Aufenthaltsqualität wird erhöht»
In den vergangenen zwei Jahren arbeitete Kreisoberingenieur Roger Schibler mit über 40 Ingenieurbüros und Fachspezialisten am Projekt «Emmentalwärts». Der nun präsentierte Entwurf steht in Einklang mit den Ergebnissen des Mitwirkungsverfahrens aus dem Jahr 2015. Damals wurden der Bevölkerung zwei Optionen vorgelegt – eine Variante Null+ mit Optimierungsmassnahmen auf dem bestehenden Strassennetz sowie eine Variante mit Umfahrungen aller drei Ortschaften. Über 4000 Personen bezogen Stellung. Die Auswertung ergab: Für Oberburg und Hasle wird eine Umfahrung, für Burgdorf die Lösung Null+ favorisiert.
Christoph Neuhaus zeigt sich überzeugt, dass der Wirtschaftsstandort Emmental von der geplanten Verkehrssanierung profitiert und die gesamte Region durch die bessere Erschliessung gestärkt wird: «Die Nutzer des öffentlichen Verkehrs, Velofahrer/innen und Automobilisten profitieren von den anvisierten Massnahmen. Die Lebens- und Aufenthaltsqualität wird erhöht. Die Auswirkungen auf Landschaftsbild und Umwelt halten sich in einem vertretbaren Rahmen.»

Optimierungsmassnahmen im Bereich Burgdorf / Lyssach
In Burgdorf summieren sich heute an den Bahnübergängen «Buchmatt» und «Spital» die Wartezeiten auf rund 15 Minuten pro Stunde. Das Projekt «Emmentalwärts» sieht deshalb an diesen beiden neuralgischen Punkten den Bau von zwei Bahnunterführungen vor. Fussgänger und Velofahrer werden in den Unterführungen vom Autoverkehr getrennt und auf halber Höhe geführt.
Die Bedingungen für den ÖV werden verbessert und dadurch wird das Strassennetz entlastet. Mit der Errichtung von neuen Busspuren und der Bevorzugung der Busse an den Ampelanlagen wird Verspätungen im Busverkehr entgegengewirkt.
In Kombination mit einer intelligenten Verkehrsbewirtschaftung verbessert sich die Leistungsfähigkeit der Strassen und der Verkehr gestaltet sich flüssiger. Zeichnet sich im Stadtzentrum eine Überlastung ab, werden die Fahrzeuge an Zufahrtsstrecken zurückgehalten. Damit es sich für Automobilisten nicht lohnt, die Lichtsignalanlagen zu umfahren und auf die Quartiere auszuweichen, sind verschiedene Vorkehrungen eingeplant.

Umfahrung Oberburg mit neu gestalteter Ortsdurchfahrt
Hauptmassnahme in Oberburg ist der Bau einer 1,5 km langen Umfahrungsstrasse, die zwischen der Bahn und der Ortsdurchfahrt verläuft. Sie besteht hauptsächlich aus einem 1,1 km langen Tunnel mit einer Tiefe von 15 bis 20 Metern. Velos und landwirtschaftliche Fahrzeuge sind auf der Umfahrungsstrasse nicht gestattet. Sie schliesst mit zwei neuen Kreiseln – Oberburg Nord und Oberburg Süd – an die Ortsdurchfahrt an. Diese gliedert sich neu in zwei Abschnitte. Zwischen dem Kreisel Nord und dem Gasthof Löwen bleibt das Tempolimit von 50 km/h bestehen. Die heutige Löwenkreuzung wird zu einem kleinen Kreisel umgebaut. Im Abschnitt bis zum südlichen Dorfeingang entsteht eine verkehrsberuhigte Tempo-30-­Zone mit Rechtsvortritt und schma­leren Fahrspuren. Oberburg erhält mit «Emmentalwärts» viel Potenzial zur Aufwertung des Ortskerns und der Siedlungsentwicklung. Der Ortsverkehr wird durch die Umfahrungsstrasse um rund zwei Drittel reduziert.

Umfahrung Hasle b. B.
Hasle b. Burgdorf erhält westlich der Bahnlinie ebenfalls eine 850 Meter lange Umfahrungsstrasse. Diese biegt beim neuen Kalchofen-Kreisel von der Emmentalstrasse ab und steigt dann parallel zur Bahnlinie auf einen mit einer Lärmschutzwand versehenen Damm hoch. Die Dorfstrasse wird mit einer neuen Brücke überquert. Die Umfahrung verläuft beim Bahnhof am Hangfuss und unterquert anschliessend mit der Unterführung Eichholz die Bahnlinie nach Konolfingen / Thun. Der heutige Bahnübergang wird zurückgebaut und dient nur noch dem Langsamverkehr. Auf der Ortsdurchfahrt wird der Bahnhofplatz umgestaltet. Der Abschnitt zwischen Bahnhof und Bahnübergang wird zur Umsteigeplattform für den ÖV. Verglichen mit der heutigen Situation reduziert sich der Verkehr im Dorf Hasle um rund die Hälfte.

Finanzierung
Die Finanzierung des 418 Millionen Franken teuren Bauprojekts basiert gemäss Christoph Neuhaus auf folgenden drei Säulen: 1. den ordentlich zur Verfügung stehenden Mitteln für die Verkehrsinfrastrukturen des Kantons Bern, 2. dem noch zu errichtenden kantonalen Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen sowie 3. Geldern aus dem Agglomerationsprogramm des Bundes. Mit welchem Betrag der Bund das Projekt «Emmentalwärts» unterstützen wird, steht derzeit noch in der Schwebe. Die im Raum stehende Summe schwankt zwischen 15 und 92 Millionen Franken. Während der Nationalrat im März das Agglomerationsprogramm Burgdorf um über 77 Millionen Franken aufstockte, lehnte dies die Verkehrskommission des Ständerats ab. Christoph Neuhaus ist allerdings zuversichtlich, dass die Mehrheit des Ständerats vor der Abstimmung in der Sommersession von den Vorzügen des Projekts «Emmentalwärts» überzeugt werden kann. Er zeigt sich entschlossen, die Verkehrssanierung rasch voranzutreiben. «Seit 40 Jahren spricht man davon, die unbefriedigende Situa­tion zu verbessern. Nun ist es an der Zeit, zu handeln und das Projekt ‹Emmentalwärts› zu realisieren.»
Bis die ersten Bagger auffahren, wird es noch eine Weile dauern. Der Grosse Rat soll gemäss aktueller Planung Ende 2021 über den Baukredit befinden. Erste Massnahmen werden  in Burgdorf und Lyssach 2022 / 23 umgesetzt.

Markus Hofer

 


Walter Scheidegger, Gemeinde­präsident Hasle b. Burgdorf
Das Projekt «Em­men­talwärts» ist für die Gemeinde Hasle und das gesamte Emmen­tal von hoher wirtschaftlicher Bedeutung. Es bietet für Hasle viele Vorteile: Die Sicherheit des Langsamverkehrs wird deutlich verbessert und die Parkplatzsituation entschärft. Eine Verkehrsberuhigung – vor allem im Gebiet um den Bahnhof Hasle-­Rüegsau – ist zu erwarten. Die Umfahrung entlastet Wohnquartiere, welche gegenwärtig zu Stosszeiten vom Durchgangsverkehr überrollt werden, da viele Automobilisten den Stau umfahren wollen.
Ich hoffe sehr, dass die Realisierung finanziert werden kann. Die hohen Ausgaben, welche bisher für die Planung entstanden sind, wären sonst vergebens. Die Verkehrssituation betrifft das ganze Emmental, nicht nur die Gemeinden Hasle und Oberburg!

Rita Sampogna, Gemeinderatspräsidentin Oberburg
Der Entwurf zur Verkehrssanierung Burg­dorf–Ober­burg-Hasle ist meines Erachtens ausgewogen und bringt allen Verkehrsgruppen einen grossen Nutzen. Für die Weiterentwicklung von Oberburg ist die Realisierung der Umfahrung mit einem Tunnel zentral. Sollten nur die Teile Burgdorf und/oder Hasle verwirklicht werden, würde sich die heute bereits prekäre Lage in Oberburg zusätzlich verschlimmern. Mit der Umfahrungsstrasse wird unsere Ortsdurchfahrt massiv entlastet. Wohnbauten und Geschäfte entlang der Emmentalstrasse können sich wieder entwickeln. Die Lebensqualität verbessert sich ebenso wie die Verkehrssicherheit. Das Projekt «Emmentalwärts» ist nicht nur für die drei betroffenen Gemeinden, sondern für das ganze Emmental unerlässlich. Der Gemeinderat Oberburg setzt sich weiterhin mit aller Kraft für die Umfahrung ein und unterstützt das vorliegende Projekt.

Stefan Berger, Stadtpräsident Burgdorf
Mit der vorgeschlagenen Lö­sung kann das seit Jahren bestehende Verkehrsproblem endlich gelöst werden. Nach der Mitwirkung zu den einzelnen Varianten liegt nun ein austariertes und den Verhältnissen angepasstes Projekt vor. Mit der Realisierung wird eine Verbesserung für alle Verkehrsteilnehmer erreicht und die Region sowohl wirtschaftlich wie auch als Wohnstandort aufgewertet. Für Burgdorf wird mit der Aufhebung der Bahnübergänge «Buchmatt» und «Spital» eine Verflüssigung des Verkehrs und mit den neu geschaffenen Bus­spuren eine deutliche Verbesserung in der ÖV-Stabilität erreicht. Mit den Umfahrungen Oberburg und Hasle können die Orte vom Verkehr entlastet und die Ortszentren gestärkt und aufgewertet werden.


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