Blick hinter die Kulissen der Krebsabteilung

  18.11.2019 Aktuell, Foto, Burgdorf

Am Donnerstagabend, 21. November 2019, ab 19.00 Uhr, findet im Kurslokal des Spitals Emmental in Burgdorf der vorletzte Publikumsvortrag des Jahres 2019 statt. Der Titel: «Die Krebsabteilung – ein Blick hinter die Kulissen.» Dr. med. Michael Bühlmann, Dr. med. Martin Waeber und Dr. med. Andrea Schmid-Bearth werden Interessantes zu diesem Thema zu berichten haben. Auch Fachpersonen des onkologischen Ambulatoriums sind in den Vortrag involviert. Beim  anschliessenden alkoholfreien, vom Spital Emmental offerierten Apéro bietet sich zudem die Gelegenheit, auch noch bilateral Fragen zu stellen.

«D’REGION»: Wer wird an diesem Publikumsvortrag worüber sprechen – wo liegt der Fokus?
Dr. Schmid-Bearth: Wir stellen das onkologische Ambulatorium vor. Mit wir meine ich die Abteilungsleiterin und stellvertretende Abteilungsleiterin der Pflege, Eveline Raab-Geissbühler und Christa Bögli-Hodel, die Psychologin Aline Probst, die Sozialarbeiterin der Bernischen Krebsliga Simone Buchmüller sowie Dr. Michael Bühlmann, Dr. Martin Waeber und ich vom Ärzte-Team. Wir zeigen auf, was genau geschieht, wenn jemand an Krebs erkrankt  und sich einer Behandlung und/oder Beratung bei uns unterziehen muss. Wir werden anhand eines Beispiels den genauen Ablauf aufzeigen – jedoch auch beleuchten, was im Hintergrund noch alles geschieht. Zudem werden wir die verschiedenen vorhandenen Angebote vorstellen und einige wichtige Punkte beleuchten.

«D’REGION»: Was wollen Sie mit diesem Vortrag bewirken?  
Dr. Waeber: Wir wollen mit unserem Vortrag Licht ins vermeintliche Dunkel bringen, welches eine neuentdeckte Krebserkrankung zwangsläufig mit sich bringt. Konkret möchten wir aufzeigen, was nach der Diagnosestellung hinter und auch vor den Kulissen passiert, wie therapeutische Entscheidungen getroffen werden, was konkret bei einer ersten Kontaktaufnahme geschieht und was verschiedene Fachpersonen zum Wohl des Patienten in dieser schwierigen Situation beitragen. Es wird nicht um die Behandlung einer konkreten Krebsart wie beispielsweise einem Dickdarmkrebs gehen. Vielmehr soll der Vortrag versuchen, durch Information Ängste abzubauen und eine für den Laien unbekannte Welt zu zeigen.

«D’REGION»: Ist eine psychologische Betreuung bei einer Neudiagnose einer Krebserkrankung immer notwendig?
Aline Probst: Nein, nicht unbedingt. Das Angebot steht grundsätzlich allen Betroffenen und Angehörigen zur Verfügung. Der Umgang mit einer Krebsdiagnose ist jedoch sehr individuell. Nicht jeder setzt sich im gleichen Ausmass und zum gleichen Zeitpunkt mit der Krebsdiagnose auseinander.
Manche Betroffene und Angehörige sind sehr froh, ihre Ängste und Unsicherheiten gleich nach der Diagnosestellung im Rahmen von psychoonkologischen Gesprächen zu thematisieren. Andere haben erst im Verlauf oder nach Abschluss der Krebsbehandlung dieses Bedürfnis. Einige erachten es überhaupt nie als notwendig. Es gibt hierbei kein Richtig oder Falsch.

«D’REGION»: Worauf liegt der Fokus einer Psychotherapie in dieser Situation?
Aline Probst: Neben den Ängsten vor der Zukunft mit den Fragen «Was kommt auf mich zu?», «Werde ich leiden?», «Werde ich sterben?» und dem Hadern mit der Vergangenheit – «Weshalb gerade ich?», «Was habe ich falsch gemacht?» steht vor allem der Umgang mit der Gegenwart im Fokus. Dabei geht es in erster Linie darum, Schritt um Schritt zu nehmen und die Lebensqualität trotz der Diagnose bestmöglich aufrechtzuerhalten oder wieder herzustellen. Nicht selten stellen sich auch Fragen zum Umgang mit dem oft überforderten sozialen Umfeld.

«D’REGION»: Welche Aufgaben übernimmt die Krebsliga auf der Onkologie im Spital Emmental?
Simone Buchmüller: Die Beraterin der Bernischen Krebsliga steht krebsbetroffenen Menschen und deren Nahestehenden beratend und begleitend zur Seite in der Auseinandersetzung mit der Krebserkrankung und deren körperlichen, psychischen, sozialen, existenziellen und materiellen Folgen.
Im Fokus stehen meistens Fragen in Bezug auf Sozialversicherungsleis­tungen, Finanzen, berufliche Wiedereingliederung, soziale Beziehungen und Bewältigung der neuen Lebenssituation.

«D’REGION»: Welche Aufgaben übernehmen Pflegefachpersonen bei der Betreuung und Behandlung von krebskranken Patientinnen und Patienten im onkologischen Ambulatorium?
Eveline Raab-Geissbühler: In der Betreuung von krebskranken Menschen sind die Pflegefachpersonen mit einer Vielzahl von Aufgaben konfrontiert. Ein Schwerpunkt liegt in der Begleitung der Patientinnen und Patienten. Die Behandlung erfolgt meist über einen längeren Zeitraum und in regelmässigen Abständen. In dieser Zeit arbeiten wir mit dem System der Bezugspersonenpflege. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, eine Beziehung zu den Betroffenen und deren Angehörigen aufzubauen und sie durch die allenfalls schwierige, belastende Zeit zu begleiten. Diese Begleitung und Betreuung soll Raum bieten, auch über Probleme, Ängste und Unsicherheiten sprechen zu können. Themen wie mögliche Nebenwirkungen der Tumortherapie, Informationen und Beratung im Alltagsumgang mit den Nebenwirkungen werden aufgezeigt und regelmässig zusammen überprüft. Täglich ist die Pflegefachperson für die sichere Verabreichung der Tumortherapien verantwortlich. Eine weitere Aufgabe besteht in einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit mit verschiedensten Diensten – zum Beispiel Ärzteschaft, Apotheke, Ernährungsberatung –, welche unterschiedlich ausgeprägt in jeder Betreuung zum Einsatz kommen. Häufig ist die Pflegefachperson die «Schaltzentrale» für alle involvierten Dienste. Aus meiner Sicht sind dies drei Hauptbereiche, für welche die Pflegefachperson in der direkten Begleitung und Betreuung der Betroffenen verantwortlich ist.

«D’REGION»: Empfinden Sie die Arbeit als Pflegende, welche die Patientinnen und Patienten eng betreut, als belastend? Wenn ja, wie gehen sie damit um?
Christa Bögli-Hodel: Belastende Momente gibt es immer wieder. Je nach Situation gehe ich diese unterschiedlich an. Krebspatientinnen und -patienten sowie ihre Angehörigen zu begleiten, heisst nicht nur mit deren wechselnden Emotionen umzugehen, sondern auch mit den eigenen Gefühlen. Mitfühlen, aber nicht mitleiden. Trotz Routine und Professionalität ist es nicht immer einfach, diese emotionale Distanz zu wahren. So kann es durchaus vorkommen, dass mich ein Schicksal besonders beschäftigt und aufwühlt. Wichtig dabei ist zu wissen, dass ich mit diesen Gefühlen nicht alleine bin. Wir legen hohen Wert darauf, besonders schicksalsschwere Patientensituationen im Behandlungsteam zu besprechen. Dafür sind Fallbesprechungen im Arbeitsalltag eingeplant. Weiter besuchen wir regelmässig extern geleitete Fallsupervisionen. Die Sichtweisen anderer zu hören, helfen, Belastendes zu verarbeiten. Auch teilen Patienten Freude und humorvolle Momente mit uns. Diese Unbeschwertheit tut allen gut. Weiter bemühe ich mich aktiv um Ausgleich. Diesen finde ich in der Natur und in meinem sozialen Netzwerk.

«D’REGION»: Am Spital Emmental gibt es das sogenannte Tumorboard, eine interdisziplinäre Sitzung mit Spezialisten, die ihr Fachwissen einbringen. Wer ist hier dabei, wie funktioniert das Ganze?
Dr. Bühlmann: Das Tumorboard ist eine interdisziplinäre Sitzung mit Beteiligung verschiedener in der Krebsdiagnostik und -behandlung involvierter Fachärztinnen und Fachärzte. Insbesondere nehmen Chirurgen, Röntgenspezialisten, Pathologen, Strahlentherapeuten und Onkologen teil. Es werden Krankheitssituationen von krebsbetroffenen Patienten besprochen und ein individueller Behandlungsplan entworfen. So können rasch geeignete Abklärungen und Therapien eingeleitet werden, welche interdisziplinär abgestützt sind. Mit dem Tumorboard steigt die Qualität der Betreuung krebsbetroffener Menschen. Das Tumorboard gehört heute zu den Standards einer modernen onkologischen Betreuung und Behandlung. Das Tumorboard in Burgdorf findet einmal wöchentlich statt.  

Zu den Personen
Dr. med. Michael Bühlmann ist Leitender Arzt Onkologie und Co-Leiter onkologisches Ambulatorium der Spital Emmental AG. Am Spital Emmental in Burgdorf ist er seit 2010 tätig.  
Dr. med. Martin Waeber ist  verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist seit 2013 als Leitender Arzt Onkologie am Spital Emmental tätig.
Dr. med. Andrea Schmid-Bearth ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie ist seit 2016 als stellvertretende Leitende Ärztin am Spital Emmental tätig.
Aline Probst ist Fachpsychologin für Psychotherapie FSP und als Psychoonkologin seit 2018 am Spital Emmental tätig.
Simone Buchmüller ist Sozialarbeiterin BSc FH und Beraterin Region Emmental-Oberaargau der Bernischen Krebsliga.
Eveline Raab-Geissbühler ist Pflegefachfrau HöFa 1 und Abteilungsleiterin Pflege Onkologie. Sie ist seit 2004 am Spital Emmental und seit 2012 im onkologischen Ambulatorium tätig.
Christa Bögli-Hodel ist Pflegefachfrau HöFa 1 Onkologie und stellvertretende Abteilungsleiterin Pflege Onkologie. Am Spital Emmental ist sie seit 2017 tätig.  


Hans Mathys


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote