15000 Kilometer zu Fuss unterwegs

  06.02.2024 Aktuell, Foto, Gesellschaft

Thomas Kellenberger, ehemaliger Berner Stadtpolizist, berichtete am Vortrag in der Kirche Ende Januar über sein Herzensprojekt. Wie kam er dazu, Kindern auf den fernen Philippinen zu helfen? Als junger Polizist reiste er in den Ferien auf die Philippinen. Diese bestehen aus mehr als 7000 Inseln, von denen an die 2000 bewohnt sind. Eine der Hauptinseln ist die Insel Mindanao. Thomas Kellenberger sah, unter welchen Bedingungen die Kinder dort auf der Strasse lebten und Missbrauch, Gewalt und Menschenhandel ausgesetzt waren. Es gab Mädchen, die bereits mit 12 Jahren Kinder auf die Welt brachten. Zurück an seinem Arbeitsplatz liessen ihn die Bilder nicht mehr los. So kündigte er seinen Job und reiste wieder in die südphilippinische Hafenstadt Cagayan de Oro. Dort gründete er 2007 das Hilfswerk Island Kids Philippines (IKP). Heute sind es die beiden Fördervereine aus der Schweiz und Deutschland, welche die staatlich anerkannte Philippine Island Kids International Foundation (PIKIFI) in der Stadt auf der Insel Mindanao leiten. Unzählige Kinder erhalten dort dank IKP eine gute Schulbildung, von praktischer Ausbildung bis hin zum Universitätsabschluss. Im Kinderdorf werden die Kinder vollzeitbetreut. Vernachlässigte und von grosser Armut betroffene Kinder erhalten Schutz und Geborgenheit durch familienähnliche Betreuung.

Rückkehr und Aufbruch
Nach zehn Jahren Aufbau des Hilfswerkes kehrte Thomas Kellenberger in die Schweiz zurück, um seine kranke Mutter zu pflegen. Nach deren Tod, der ihn sehr berührte, entschied er sich, zu Fuss auf die Philippinen zurückzukehren und damit Geld für das Hilfswerk zu sammeln. So wurde Thomas Kellenberger am 25. August 2021 in Wilderswil mit vielen guten Wünschen von Familie und Freunden verabschiedet. Auf circa einem Fünftel der Gesamtstrecke begleiteten ihn Freunde tage- oder gar wochenweise des Weges und nicht selten auch Menschen, die er nicht gekannt hatte. Es fühlte sich gut an, in Gesellschaft unterwegs zu sein. Den grössten Teil des Fussmarsches legte Thomas Kellenberger jedoch allein zurück, was für ihn hie und da nicht ganz einfach war. Mit einem sehr grossen Rucksack am Rücken mit Kleidung, Verpflegung, Zelt und allem Notwendigen bis zu 80 Kilometer und mehr am Tag unterwegs zu sein, zehrte an seinen Kräften. Ab und zu verweilte er deshalb mehrere Tage am selben Ort und lernte dadurch Land und Leute besser kennen. Die uneingeschränkte Gastfreundschaft der Menschen beeindruckte ihn sehr. Dass ihm seine offene und freundliche Art dazu verhalf, immer offene Türen und Unterstützung vorzufinden, ist für alle, die Thomas Kellenberger kennen, gut nachvollziehbar. Immer wieder wurde er zum Essen eingeladen, erhielt einen Schlafplatz, einmal sogar in einer Moschee, und er revanchierte sich dafür ein andermal bei einer Familie, indem er beim Holzen Hand anlegte. Hatte er keine Einladung zum Übernachten, stellte er sein Zelt auf oder schlief unter freiem Himmel. Thomas Kellenberger erlebte Hitze, Schnee, Eis und Kälte und hatte sich auch längst ans Kaltwasserduschen und Baden in Bergbächen und Seen gewöhnt. Sein tagelanger Marsch durch die Wüste mit dem Wunsch, endlich Wasser zu finden, und das Wissen um die Gefahren im Dschungel gehören, wie vieles andere, zu den bleibenden Erinnerungen an seine Reise. Einmal im Leben wollte er den Mount Everest sehen. Über Italien, den Balkan, die Türkei, Georgien, Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan und Indien erreichte er Nepal, bestieg den Berg Pikey und genoss damit die Sicht auf den mit 8848 Metern über Meer höchs­ten Berg der Welt.

«Kuya Thom» kommt zurück
«Kuya Thom», so wird Thomas Kellenberger von den Menschen in der Stadt Cagayan de Oro genannt. Dies zeigt seine Verbundenheit mit ihnen. Auf den Philippinen ist «Kuya» eine höfliche Anrede für einen älteren Bruder. Über Thailand, Laos, Vietnam und mit einem Flug über den Pazifik erreichte Thomas Kellenberger schliesslich das Land und immer noch blieben ihm 1600 Kilometer Fussmarsch bis in den Süden an sein Ziel, wo er nach 22 Monaten und 14 503 Kilometern mit Freude und grossem Jubel von Kindern und Erwachsenen empfangen wurde.
Unterdessen ist Thomas Kellenberger wieder in der Schweiz und erzählt von seiner Reise. Doch die Philippinen sind sein Lebensmittelpunkt geworden und er wird dorthin zurückkehren. Die Mitglieder der beiden Fördervereine arbeiten alle ehrenamtlich und es gibt kein Werbebudget. Die Spendengelder kommen direkt und vollumfänglich den Kindern zugute. Mit seinem Fussmarsch hat Thomas Kellenberger einen grossen Teil der Spendengelder zusammengetragen. Er hofft, mit seinem Einsatz viele Menschen dazu bewegen zu können, die Island Kids Philippines zu unterstützen. Der wichtige und wertvolle Beitrag ermöglicht es der Organisation, den Kindern Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben. Sie ist für jeden finanziellen Beitrag dankbar. Unter www.islandkids.ch finden sich alle nötigen Informationen dazu.

Rosmarie Stalder


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