Themenabend «Sucht in der Familie»

  05.03.2024 Aktuell, Foto, Gesellschaft

Rund 100 000 Kinder in der Schweiz leben mit mindestens einem Elternteil, der in problematischem Ausmass Alkohol oder andere Substanzen konsumiert. Um für dieses schwierige Thema sowie die Situation und Bedürfnisse betroffener Kinder zu sensibilisieren, findet vom 11. bis 17. März 2024 eine nationale Aktionswoche zum Thema «Kinder von Eltern mit Suchterkrankung» statt. Im Rahmen dieser veranstaltet die Stiftung Berner Gesundheit am Dienstag, 12. März 2024, in der Buchhandlung am Kronenplatz einen Themenabend mit Gesprächsrunde. Zu Gast sind Esther Pauchard (Fachärztin Psychiatrie und Psychotherapie sowie Krimiautorin), Michel Sutter (Sohn von Eltern mit Suchterkrankung, Vereinsleiter Peerspektive) sowie Renate Krähenbühl (Fachmitarbeiterin Beratung und Therapie bei der Stiftung Berner Gesundheit).
Renate Krähenbühl spricht dann von Sucht, wenn der Konsum einer gewissen Substanz oder eine Verhaltensweise nicht mehr kontrolliert werden kann. «Eine Abhängigkeit oder Sucht entsteht nicht von heute auf morgen», so die Expertin weiter. Ist ein Elternteil von einer Sucht betroffen, hat das Auswirkungen auf die Kinder. «Dies kann man an unterschiedlichen Verhaltensweisen erkennen. Ein Kind versucht meistens zu verheimlichen, was sich zu Hause abspielt und zeigt sich den Eltern gegenüber loyal. Wirkt ein ansonsten aufgeschlossenes Kind abwesend oder verschlossen, können das Anzeichen für eine belastende Familiensituation sein», weiss Renate Krähenbühl. Daher sei es umso wichtiger, dass betroffene Kinder Sicherheit erhalten. «Eine stabile und vertrauensvolle Beziehung ist wichtig, damit sich die Kinder verstanden fühlen und ihr Leid anerkannt wird. Holen sich Eltern Hilfe, wird nicht nur die ganze Familie entlastet, sondern eben auch das betroffene Kind. Kinder würden nicht nur unter der Sucht selbst, sondern unter der gesamten familiären Atmosphäre leiden.
Nichtsdestotrotz liegt die Hemmschwelle, sich Hilfe zu holen, sehr hoch. Es brauche viel Mut zu reagieren, ob als betroffene oder angehörige Person. Entsprechend schwierig kann auch das Ansprechen der betroffenen Eltern sein. «Wie man über das Thema Sucht sprechen könne, hänge stark von der Nähe zu den entsprechenden Eltern ab. «Über problematischen Alkoholkonsum reden bleibt ein schwieriges Thema, fühlen sich Betroffene doch häufig angegriffen. Deshalb kann ein direktes Ansprechen kontraproduktiv sein», so die Expertin weiter.
In einem solchen Fall eignen sich Gespräche mit der Suchtberatungsstelle der Stiftung Berner Gesundheit. «Weiter ist wichtig, dass betroffene Kinder wissen, wo sie in schwierigen oder gefährlichen Situationen Hilfe holen können. Renate Krähenbühl verweist auf die Notrufnummern von Polizei (117) und Ambulanz (144), die Website «Papa trinkt / Mama trinkt» (www.mamatrinkt.ch) sowie die Telefonnummer 147 von Pro Juventute, die Kinder und Jugendliche kostenlos rund um die Uhr berät und zur Seite steht.
«Letztlich darf man nicht vergessen, dass es sich bei Süchten um Krankheiten handelt. Betroffene, die bei uns Unterstützung suchen, sind dankbar, endlich mit jemandem über ihre Sucht reden zu können, ohne Vorwürfe zu hören. Schliesslich gibt es immer einen Weg aus der Sucht heraus», sagt Renate Krähenbühl weiter.
«Es braucht in unserer Gesellschaft unbedingt einen wertschätzenden, interessierten und mitfühlenden zwischenmenschlichen Umgang, damit Eltern leichter ihre Scham- und Schuldgefühle überwinden können und sicht ermutigt fühlen, Unterstützung zu holen.»
Der Weg aus der Sucht gestaltet sich schwierig, aber nicht unmöglich. Letztlich geht es darum, betroffenen Kindern und Familien zu helfen.

Joel Sollberger


Themenabend «Sucht in der Familie», Dienstag, 12. März 2024, 19.30 bis 20.30 Uhr, Buchhandlung am Kronenplatz, Burgdorf. Eintritt frei. Mehr Informationen unter www.bernergesundheit.ch/aktionswoche-nakes-2024.


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