Energiestrategie 2050 im Gespräch

  12.02.2019 Aktuell, Foto, Bildung, Burgdorf, Bildung / Schule, Gesellschaft, Jugend, Region

Darum wurde vom Gymnasium Burgdorf mit Unterstützung der Fachschaft Geografie eine Podiumsdiskussion organisiert. Gefordert waren Schülerinnen und Schüler der Stufe Sekunda und ihre Lehrkräfte. Eine umfassende Vorbereitung und das Formulieren der Fragen an die Podiumsteilnehmenden fanden im Unterricht statt.
Nach der Begrüssung durch Chris­tian Joos, Rektor, und Milo Sche­fer, Schülerratspräsident des Gymnasiums Burgdorf, übernahm Stefan Schmid die Leitung des Gesprächs. Bei einer Vorstellungsrunde sprachen Jungpolitikerinnen und -politiker aller Parteien über ihre Einstellung gegenüber der Kernenergie. Alle sind sich der Gefahren durch Atomkraftwerke (AKW) bewusst und befürworten den Ausstieg aus der Kernenergie, ausser Dominik Dummermuth, JSVP. Er empfindet diesen als überstürzt und meinte, dass es sinnvoller sei, in der sicheren Schweiz AKWs zu betreiben als im Ausland. Zudem blieben wir Schweizer durch geringere Stromimporte unabhängiger. Lea Schmid, JGLP, betonte jedoch, dass auch Uran importiert werden müsse, was ebenfalls eine Abhängigkeit sei. Zudem sei die Endlagerung nicht gelöst, komplettierte Tanja Blume, Vertreterin der JUSO. Dummermuth sprach sich als Einziger gegen die Energiestrategie 2050 aus.
Neben dem Atomausstieg sollen Massnahmen zum Energiesparen und eine Steigerung der Energieeffizienz umgesetzt werden. Nicht jedes Podiumsmitglied setzte dieselben Prioritäten, doch die Ansätze waren ähnlich: Kollektivlösungen müssen gefunden werden, und dabei sollen Kantone und Gemeinden mit gutem Beispiel vorangehen, beispielsweise bei den eigenen Gebäuden. Um den zu erwartenden Energiemehrverbrauch in den Griff zu bekommen, müsse zudem jede einzelne Person im Alltag sparen, sei es durch einen bewussten Umgang mit Kleidung, Papier, Einweggeschirr oder energiesparenden Haushaltgeräten. Simon Reusser, Grüne, plädierte für rigorosere Massnahmen wie das Vermeiden von Flügen, tiefere Raumtemperaturen, das Einschränken der Wohnfläche, die Senkung des Fleischkonsums und eine sukzessive Reduktion der Öl- und Gasimporte bis zum totalen Einfuhrstopp. Das bedinge das Umsteigen auf erneuerbare Energien. Blume möchte die Wirtschaft mehr zur Verantwortung ziehen, und der Jungpolitiker der BDP, Marcel Erhard, würde ein Stromabkommen mit der EU prioritär behandeln, um den Energiebedarf der Schweiz auch im Winter zu sichern.

Ein Lenkungssystem war in der vergangenen Legislatur nicht mehrheitsfähig
Dummermuth begrüsste dieses Ratsergebnis als demokratischen Entscheid. Schlussendlich könne jede Bürgerin, jeder Bürger sich darüber freuen, denn die resultierenden Kosten wären auf alle Fälle auf die Konsumenten/-innen und Steuerzahlenden abgewälzt worden. Die SVP möchte nicht mit unnötigen Gesetzen das individuelle Verhalten der Bevölkerung einschränken. Die Menschen sollen aus eigenem Antrieb JA sagen zum Energiesparen und zu erneuerbaren Energien. Ohne Lenkungsabgaben sei keine Verbesserung möglich, meinte dagegen Lea Schmid, das hätte die Vergangenheit gezeigt. FDP und SVP seien da viel zu langsam unterwegs. Reusser beklagte, dass die Energiekosten eindeutig zu tief seien und höhere Strompreise automatisch Einsparungen bringen würden. Fakt ist: Die Regierung setzt aktuell auf Förderpolitik und finanzielle Anreize, welche ab 2020 durch Lenkungen abgelöst werden.

Beim Erreichen der durch die Politik formulierten Ziele sollte auch die Schweizer Wirtschaft eine Rolle spielen
Unser Land sollte Innovationspotenziale ausschöpfen und in erneuerbare Energien investieren, neue Technologien entwickeln. Wir hätten zudem eine Vorreiterrolle, was die Wasserkraft betreffe.
Das Energieziel, dass bis 2022 mindestens 45 000 Batteriefahrzeuge auf unseren Strassen fahren, scheint durch die geringe Zunahme solcher Autos zu hochgesteckt. «Wir müssen an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen appellieren», meinte Dummermuth. Von linker Seite kamen jedoch Bedenken, ob dieses Ziel erstrebenswert sei: «Die graue Energie, die in einem solchen Fahrzeug steckt, kann durch die Einsparung von fossiler Energie nicht wettgemacht werden. Wir müssen den ÖV fördern, denn der Individualverkehr darf auf den Strassen nicht noch mehr Platz in Anspruch nehmen.»

Der Klimawandel ist ein globales Problem
Die Schweiz plant seit 2007 an einem Energieabkommen mit der EU. Die Zusammenarbeit ist unabdingbar. Gesprächsstoff dazu bot auch der Emmissionshandel, welchen die Jungpolitisierenden in der Mehrheit als positiv werten, falls er nicht einfach nur dazu dient, das Problem ins Ausland zu verschieben. Er soll gleichzeitig Ansporn sein, auch in der Schweiz energiefreundlicher zu produzieren. Unternehmerisch würde es Sinn machen, den Emmissionshandel in der Schweiz zu betreiben.

Die Diskussionsteilnehmenden wagten einen Ausblick in die Zukunft
«Man sollte Anreize für die Wirtschaft schaffen, um umweltfreundlicher zu produzieren», war Saambavi Poopalapillai, JF, überzeugt. Und die Politikerin betonte mit einem Blick in die Zukunft, dass die Jungen das Zepter in die Hand nehmen müssten. Ihre Generation solle die Weichen für die Zukunft stellen und die altgedienten Lobbyisten im Parlament ablösen. Auch Erhard setzte auf eine Verjüngung des Parlaments und Schmid auf mehr Frauen in der Regierung. Blume motivierte die Sekundaner, Verantwortung zu übernehmen, Demos zu unterstützen und zu wählen, sobald sie das Stimmrechtsalter erreicht hätten. Reusser war der Einzige, dessen Pessimismus überwog: «Wir werden unser Klimaziel nicht erreichen. Das bedingt, dass wir uns noch mehr anstrengen für eine Annäherung ans Ziel.» Dummermuth erwähnte erneut, dass er das Energiegesetz nicht unterstütze, weil dieser Weg zu teuer sei.
Die Aufmerksamkeit der Studenten/-innen während der Podiumsdiskussion zeigte den hohen Stellenwert dieser Themen bei den Jungen. Die Gesprächskultur der Politisierenden war geprägt von Respekt und Rücksichtnahme, wie sie vorbildlicher nicht sein könnte. André Sandmann, ein Zeichner mit Improvisationstalent, hielt die Gespräche im Bild fest. Dieses wird im Gymnasium an einem prominenten Ort eine Wand zieren und die Themen in Erinnerung rufen, wann immer es wichtig scheint.

Helen Käser


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